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Die Verpackung sieht vertraut aus, der Preis ist bekannt – doch der Inhalt schrumpft. Shrinkflation ist 2025 mehr als nur ein wirtschaftliches Phänomen; es ist eine psychologische Taktik, die gezielt unsere Gewohnheiten und Wahrnehmung ausnutzt. Dieser Artikel analysiert, wie Hersteller uns systematisch in die Irre führen und wie wir lernen können, die Tricks hinter dem schönen Schein zu durchschauen.

Weniger drin, gleicher Preis – Die große Abzocke im Supermarkt

Das Jahr 2025 wird als das Jahr in die Annalen des Verbraucherschutzes eingehen, in dem die „stille Inflation“ ihre subtile Maske fallen ließ und zu einer dominanten Strategie der aggressiven Margenoptimierung wurde.

Was einst als Reaktion auf volatile Rohstoffmärkte oder gestiegene Energiekosten begann, hat sich zu einer gezielten und systematischen Methode entwickelt, mit der Lebensmittel- und Konsumgüterkonzerne die Kaufkraft der Verbraucher untergraben. Anstatt Preiserhöhungen offen am Regal zu kommunizieren – ein Schritt, der Kaufzurückhaltung provozieren könnte – wählen sie den verdeckten Weg: Sie reduzieren die Füllmenge ihrer Produkte, während der Preis am Regal unverändert bleibt oder sogar steigt. Diese als Shrinkflation bekannte Praxis ist zur neuen Normalität in deutschen Supermärkten geworden.

Das Ausmaß des Problems ist alarmierend und für jeden Haushalt finanziell spürbar. Unsere umfassende Analyse der Marktentwicklungen und Verbraucherbeschwerden des Jahres 2025 zeichnet ein ernüchterndes Bild. Versteckte Preisanstiege, die allein durch die Reduzierung des Inhalts entstehen, bewegen sich typischerweise in einer Bandbreite von 11 % bis 48 %. Diese Zahlen sind bereits schockierend, doch die Hersteller gehen oft noch einen Schritt weiter. In Extremfällen, in denen eine Füllmengenreduktion mit einer direkten nominalen Preiserhöhung kombiniert wird, explodieren die Mehrkosten für den Verbraucher förmlich. Wir haben Fälle dokumentiert, bei denen die tatsächliche Preissteigerung pro Mengeneinheit auf unglaubliche 76 % anwuchs, wie bei bestimmten Brotaufstrichen.

Diese stillen, aber drastischen Erhöhungen summieren sich über das Jahr und belasten die Haushaltskassen erheblich, ohne dass die meisten Konsumenten die Ursache klar benennen können. Um sich gegen diese systematische Aushöhlung des eigenen Budgets zu wehren, ist es unerlässlich, die Mechanismen und psychologischen Tricks hinter dieser legalisierten Verbrauchertäuschung zu verstehen. Nur wer die Anatomie der Abzocke kennt, kann sie im Supermarktalltag erkennen und umgehen.

Anatomie der Täuschung: Was sind Shrinkflation und Skimpflation?

Um die Strategien der Hersteller wirksam zu durchschauen, ist es entscheidend, ihr Vokabular zu verstehen. Die Begriffe „Shrinkflation“ und „Skimpflation“ sind keine bloßen Fachjargons, sondern beschreiben die zwei zentralen Säulen der modernen, verdeckten Preispolitik. Wer diese Taktiken kennt, entwickelt ein geschultes Auge für die verräterischen Zeichen am Supermarktregal und kann sich und seinen Geldbeutel schützen.

Shrinkflation: Die Kunst des Schrumpfens

Der Begriff Shrinkflation ist ein Kofferwort, zusammengesetzt aus dem englischen Verb „to shrink“ (schrumpfen) und „Inflation“. Er beschreibt den Kern der Täuschung: Die Füllmenge eines Produkts wird reduziert, während der Preis, den der Kunde an der Kasse bezahlt (Nominalpreis), gleich bleibt oder nur geringfügig angepasst wird. Eine Tafel Schokolade wiegt plötzlich nur noch 90 statt 100 Gramm, die Mundspülung enthält 500 statt 600 Milliliter. Da der Preis im Gedächtnis der Konsumenten verankert ist, fällt diese Anpassung weit weniger auf als eine direkte Preiserhöhung auf dem Etikett. Sichtbar wird die tatsächliche Verteuerung nur durch einen genauen Blick auf den Grundpreis – also den Preis pro Kilogramm, pro Liter oder pro 100 Gramm. Genau darauf spekulieren die Hersteller: dass der flüchtige Blick im hektischen Einkaufsalltag nur den Endpreis erfasst, nicht aber die kleine Angabe der Füllmenge oder des Grundpreises.

Skimpflation: Die versteckte Qualitätsminderung

Während bei der Shrinkflation die Quantität leidet, zielt die Skimpflation (von engl. „to skimp“ – knausern, einsparen) auf die Qualität. Hierbei bleiben Preis und Füllmenge nominal oft sogar gleich, doch die Wertigkeit des Produkts wird heimlich reduziert. Teure Rohstoffe werden durch billigere Füllstoffe ersetzt, der Anteil wertgebender Komponenten wird gesenkt oder die Rezeptur wird zuungunsten des Verbrauchers „optimiert“. Diese Taktik ist noch perfider und für Konsumenten ungleich schwerer zu durchschauen, da sie eine genaue Prüfung der Zutatenliste und einen Vergleich mit älteren Produktversionen erfordern würde. Ein prominentes Beispiel aus dem Jahr 2023 war die Margarine Arla Kaergarden, bei der der Hersteller beide Methoden kombinierte: Die Füllmenge wurde von 250 auf 200 Gramm reduziert (Shrinkflation) und gleichzeitig der Fettgehalt gesenkt (Skimpflation).

Psychologische Taktiken zur Verschleierung

Hersteller setzen hochentwickelte psychologische Taktiken ein, um diese Maßnahmen zu tarnen. Eine beliebte Methode ist die Veränderung des Verpackungsdesigns. Ein Hinweis wie „Neue Rezeptur“ oder „Jetzt noch besser“ dient oft als Deckmantel für weniger Inhalt. Er suggeriert eine Produktverbesserung und lenkt von der versteckten Preiserhöhung ab. Rechtlich bewegen sich die Konzerne damit in einer Grauzone, denn ein Gesetzesverstoß wegen Irreführung liegt nur dann zweifelsfrei vor, wenn die Füllmenge bei identischer Verpackung und unverändertem Design reduziert wird. Eine minimale Anpassung des Logos oder der Farbgebung genügt oft, um diesem Risiko zu entgehen. Gleichzeitig weichen Hersteller zunehmend von psychologisch verankerten Standardgrößen wie 100 g, 500 g oder 1 Liter ab. Packungen mit 90 g, 450 g oder 700 ml erschweren den intuitiven Preisvergleich und verhindern eine schnelle Umrechnung im Kopf.

Diese Definitionen bilden die theoretische Grundlage, um die Täuschung zu verstehen. Die folgenden schockierenden Fallbeispiele aus dem Jahr 2025 zeigen, wie systematisch und branchenübergreifend diese Taktiken in der Praxis angewendet werden.

Die Schockbilanz 2025: Die dreistesten Fälle des Jahres

Die Theorie der stillen Inflation wird erst durch die konkreten Anwendungsfälle im Supermarktregal greifbar. Die folgenden Fallstudien sind mehr als nur ärgerliche Einzelfälle; sie sind der Beweis für eine systematische und branchenübergreifende Strategie, die von Grundnahrungsmitteln über Süßwaren bis hin zu Drogerieartikeln reicht. Sie übersetzen die abstrakten Definitionen in reale finanzielle Belastungen für jeden Haushalt.

Fallstudie 1: Milka Alpenmilch – Paradebeispiel für aggressive Gewinnmaximierung

Die Alpenmilch-Schokolade von Mondelez ist das Paradebeispiel für die neue Aggressivität der Shrinkflation im Jahr 2025. Der Konzern setzte auf eine besonders dreiste Doppel-Strategie: Zuerst wurde der Nominalpreis der Tafel erhöht, was bereits für Unmut bei den Verbrauchern sorgte. Doch kurz darauf folgte der zweite, verdeckte Schlag: Die Füllmenge der ikonischen Standardtafel wurde von 100g auf 90g reduziert.

Diese Kombination führte zu einer effektiven versteckten Preiserhöhung von schockierenden 48 %. Die öffentliche Empörung war immens und hatte Konsequenzen: Mondelez wurde für diese Praxis von der Verbraucherorganisation foodwatch mit dem Negativpreis „Goldener Windbeutel 2025“ ausgezeichnet. Doch damit nicht genug: Die Verbraucherzentrale Hamburg sah sich im September 2025 gezwungen, eine Klage wegen Irreführung gegen den Konzern einzureichen, da die Verpackungsgröße nahezu identisch blieb und die Gewichtsreduktion für Käufer kaum erkennbar war.

Fallstudie 2: Grundnahrungsmittel unter Druck

Besonders perfide ist die Anwendung von Shrinkflation bei alltäglichen Grundnahrungsmitteln, bei denen Verbraucher oft routiniert und weniger preissensibel zugreifen.

  • Bei Brotaufstrichen erreichte die Dreistigkeit einen neuen Höhepunkt. Der Nuss-Nougat-Aufstrich Zentis Belmandel verteuerte sich durch eine Kombination aus Preiserhöhung und einer Inhaltsreduzierung von 400g auf 300g um eine Gesamtpreiserhöhung von 76 %.
  • Auch bei Margarinen hat sich die Schrumpfung etabliert. Rama reduzierte seine Packungsgröße von 500g auf 450g, was einer versteckten Preiserhöhung von 11,1 % entspricht.
  • Das Kakaopulver Suchard Express, ebenfalls aus dem Mondelez-Konzern, wurde von 500g auf 400g verkleinert. Das Resultat: eine versteckte Preiserhöhung von 25 %.

Fallstudie 3: Drogerie und Haushalt – Der neue Brennpunkt

Die Analyse für das Jahr 2025 zeigt eine besorgniserregende Verschiebung des Shrinkflation-Trends. Während Lebensmittel weiterhin stark betroffen sind, geraten zunehmend auch Non-Food-Artikel aus dem Drogerie- und Haushaltssegment ins Visier der Hersteller. Bei Flüssigkeiten, Gelen und Cremes sind Mengenreduzierungen für das Auge noch schwerer zu erkennen, was die Hersteller gezielt ausnutzen.

  • Ein Pflegeprodukt von Nivea wurde von 250 ml auf 200 ml reduziert, was bei gleichbleibendem Preis einem versteckten Aufschlag von 25 % entspricht.
  • Die Mundspülung Listerine von Johnson & Johnson schrumpfte von 600 ml auf 500 ml. Diese Reduktion um 16,7 % des Inhalts führt zu einer versteckten Preiserhöhung von 20 % pro Liter.

Die dreistesten Fälle im Überblick

Die folgende Tabelle fasst die signifikantesten Fälle des Jahres zusammen und verdeutlicht das branchenübergreifende Ausmaß des Problems.

Produkt (Hersteller)Füllmenge AltFüllmenge NeuVersteckte Preiserhöhung (%)Kategorie
Milka Alpenmilch (Mondelez)100 g90 g48 % (effektiv)Süßwaren
Zentis Belmandel400 g300 g76 % (gesamt)Brotaufstrich
Suchard Express (Mondelez)500 g400 g25 %Kakao
Nivea Pflegeprodukt250 ml200 ml25 %Drogerie
Listerine Mundspülung600 ml500 ml20 %Drogerie

Diese Beispiele werfen eine entscheidende Frage auf: Wie rechtfertigen die Konzerne derart drastische und gleichzeitig verschleierte Preisanpassungen gegenüber ihren Kunden? Die offizielle Begründung lautet fast immer gleich – doch sie hält einer Überprüfung nicht stand.

Die Kosten-Lüge: Warum es wirklich um „Gierflation“ geht

In diesem Kapitel konfrontieren wir die offizielle Rhetorik der Hersteller mit den harten Fakten aus ihren eigenen Geschäftsberichten. Die Analyse zeigt unmissverständlich: Die Begründung gestiegener Kosten ist in vielen Fällen nur ein Vorwand, um unter dem Deckmantel der Inflation die eigenen Gewinnmargen auf Kosten der Verbraucher massiv zu steigern. Das Phänomen hat einen Namen: Gierflation.

Die offizielle Argumentation der Hersteller

Fragt man die Konzerne nach den Gründen für Füllmengenreduzierungen, lautet die Standardantwort fast immer gleich: Man sei gezwungen, auf gestiegene Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik zu reagieren. Die Schrumpfung des Inhalts sei ein notwendiger Schritt, um den für den Kunden psychologisch wichtigen Preis am Regal stabil zu halten und gleichzeitig die gewohnte Produktqualität zu sichern. Diese Argumentation klingt auf den ersten Blick plausibel, wird jedoch durch einen Blick in die Bilanzen der Unternehmen ad absurdum geführt.

Die Widerlegung durch harte Fakten

Die Geschäftszahlen der globalen Konsumgüterriesen erzählen eine völlig andere Geschichte. Anstatt unter Kostendruck zu leiden, haben viele Konzerne die vergangenen Jahre genutzt, um ihre Profitabilität drastisch zu erhöhen.

  • Eine Analyse der Betriebsmargen zwischen 2021 und 2024 offenbart ein explosives Wachstum: PepsiCo steigerte seine Marge um 27,2 %, Mondelez um 24,6 % und Henkel um 13,1 %.
  • Diese enormen Gewinnsteigerungen stehen in keinem Verhältnis zur allgemeinen Kostenentwicklung. Die Großhandelspreise in Deutschland etwa stiegen im Oktober 2025 im Vergleich zum Vorjahr nur um moderate 1,1 %. Zwar gab es in einzelnen Segmenten wie Lebensmitteln stärkere Ausschläge, doch diese rechtfertigen keinesfalls versteckte Preiserhöhungen von 48 % oder mehr.

Der Fall Mondelez entlarvt die „Kosten-Lüge“ besonders deutlich. Der Konzern rechtfertigte die Schrumpfung der Milka-Tafel mit den gestiegenen Kakaopreisen. Ein Bericht der Verbraucherorganisation foodwatch enthüllt jedoch den Widerspruch: Laut dem eigenen Finanzbericht profitierte Mondelez im selben Zeitraum von „niedrigeren Herstellungskosten“. Gleichzeitig stieg der Unternehmensgewinn seit 2021 um beeindruckende 25 %. Die Shrinkflation war hier also kein Instrument zur Kostenkompensation, sondern ein reiner Gewinnmultiplikator.

Der Missbrauch von Nachhaltigkeitsargumenten

Eine weitere, zunehmend beliebte Taktik ist die Instrumentalisierung von Nachhaltigkeitszielen. Hersteller argumentieren, dass eine Reduzierung der Füllmenge zu Einsparungen bei der Verpackung oder zu einer Optimierung der Logistik führe und somit der Umwelt zugutekomme. Grundsätzlich sind ökologische Optimierungen zu begrüßen. Wenn jedoch der Verweis auf mehr Nachhaltigkeit als Vorwand dient, um eine massive, intransparente Preiserhöhung durchzusetzen, wird das Argument pervertiert. Der ökologische Nutzen wird zum Feigenblatt für ökonomische Gier.

Die Faktenlage ist erdrückend: Shrinkflation ist im Jahr 2025 in vielen Fällen keine Notwendigkeit, sondern eine bewusste unternehmerische Entscheidung zur Gewinnmaximierung. Dies wirft die dringende Frage auf, warum die Politik dieser legalisierten Form der Verbrauchertäuschung keinen wirksamen Riegel vorschiebt.

Der Staat schaut zu? Politik und Gesetzgebung im internationalen Vergleich

Während die Konzerne ihre Margen optimieren, stehen Verbraucher in Deutschland weitgehend schutzlos da. Die aktuelle Rechtslage ist unzureichend und bietet zu viele Schlupflöcher. Dieser Abschnitt beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und zeigt im internationalen Vergleich, dass Deutschland dringenden Handlungsbedarf hat, während europäische Nachbarn bereits wirksame Maßnahmen ergreifen.

Die unzureichende Rechtslage in Deutschland

In Deutschland stellt Shrinkflation in der Regel keinen Gesetzesverstoß dar. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb greift nur, wenn die Füllmenge bei exakt identischer Verpackungsgröße und unverändertem Design reduziert wird. Diese Gesetzeslücke nutzen Hersteller systematisch aus. Eine minimale, für den Verbraucher kaum wahrnehmbare Änderung am Verpackungsdesign – oft beworben als „neue Rezeptur“ oder „verbessertes Design“ – genügt, um eine Verurteilung wegen Irreführung zu umgehen. Das Ergebnis ist ein rechtliches Vakuum, in dem die Interessen der Konzerne über denen der Verbraucher stehen.

Die klaren Forderungen der Verbraucherschützer

Angesichts dieser unhaltbaren Situation fordern Verbraucherzentralen und Organisationen wie foodwatch seit langem eine grundlegende Reform. Ihre Kernforderungen sind klar und praxisorientiert:

  • Gesetzliche Kennzeichnungspflicht: Jede Reduzierung der Füllmenge muss für den Verbraucher transparent gemacht werden.
  • Klare Platzierung: Der Hinweis auf die geringere Füllmenge muss deutlich lesbar auf der Vorderseite der Verpackung angebracht sein.
  • Dauer der Kennzeichnung: Um sicherzustellen, dass die Änderung bei allen Kunden ankommt, muss der Hinweis für mindestens sechs Monate auf dem Produkt verbleiben.

Internationale Vorbilder: Österreich und Frankreich zeigen, wie es geht

Dass solche Regelungen umsetzbar sind, beweisen unsere europäischen Nachbarn. Sie haben den Handlungsbedarf erkannt und setzen neue Standards für den Verbraucherschutz.

  • Frankreich: Bereits seit Juli 2024 gilt in Frankreich eine gesetzliche Regelung, die Supermärkte verpflichtet, für einen Zeitraum von zwei Monaten direkt am Regal in den Supermärkten auf reduzierte Füllmengen bei gleichem Preis hinzuweisen.
  • Österreich: Noch einen Schritt weiter geht der für Anfang 2026 geplante österreichische Gesetzesentwurf, der als neuer Benchmark in Europa gelten kann. Er sieht eine 60-tägige Kennzeichnungspflicht direkt am Regal vor. Entscheidend ist zudem die Androhung empfindlicher Bußgelder von bis zu 15.000 Euro bei wiederholten Verstößen. Diese Sanktionen schaffen einen echten Anreiz zur Einhaltung der Vorschriften.

Regulierungsstandards im Vergleich

Die folgende Tabelle stellt die unterschiedlichen Ansätze übersichtlich gegenüber und verdeutlicht den Nachholbedarf in Deutschland.

LandRegulierungsstatus (Stand Q4 2025)Dauer der Pflicht-KennzeichnungSanktionen bei Verstoß
ÖsterreichGesetz angekündigt (für Anfang 2026)60 Tage am RegalBis zu 15.000 € Bußgeld
FrankreichGesetzlich geregelt (seit Juli 2024)2 Monate am RegalNicht explizit genannt
Deutschland (Forderung)Keine gesetzliche Pflicht6 Monate auf der VerpackungForderung nach spürbaren Strafen

Der internationale Vergleich zeigt: Wirksamer Schutz vor Shrinkflation ist keine Utopie. Solange die deutsche Politik jedoch untätig bleibt, sind die Verbraucher auf sich allein gestellt. Sie müssen selbst aktiv werden, um sich gegen die Mogelpackungen zu wehren.

6. Ihr ultimativer Einkaufs-Guide: So wehren Sie sich gegen die Mogelpackungen

Solange der Gesetzgeber keine verbraucherfreundlichen Regelungen schafft, liegt die Verantwortung beim Einzelnen. Doch Sie sind den Tricks der Hersteller nicht schutzlos ausgeliefert. Mit einem geschärften Bewusstsein und den richtigen Strategien können Sie sich effektiv gegen die stille Inflation wehren. Die folgenden Tipps sind Ihre wirksamsten Waffen im täglichen Einkaufskampf.

Das oberste Gebot: Der Grundpreis-Check

Der Grundpreis ist das mächtigste und einzig verlässliche Instrument, um Shrinkflation zu entlarven. Er ist gesetzlich vorgeschrieben und gibt die Kosten pro Mengeneinheit an (z. B. pro Kilogramm oder pro Liter). Während der Endpreis gleich bleiben kann, steigt der Grundpreis bei einer Füllmengenreduzierung unweigerlich an. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, nicht nur den Gesamtpreis zu betrachten, sondern den Grundpreis systematisch zu vergleichen – nicht nur zwischen verschiedenen Marken, sondern auch bei Ihren regelmäßig gekauften Produkten über die Zeit hinweg. Ein schnelles Foto des Preisschilds kann helfen, Veränderungen beim nächsten Einkauf zu erkennen.

Erkennen Sie die Tricks im Regal: Konkrete Warnsignale

Ein geschultes Auge kann die Verschleierungstaktiken der Hersteller durchschauen. Achten Sie auf folgende Warnsignale:

  • Misstrauen Sie der „Neuen Rezeptur“: Werbebotschaften wie „Jetzt noch besser“ oder „Verbesserte Rezeptur“ sind oft ein Deckmantel für weniger Inhalt. Greifen Sie in solchen Fällen sofort zum Grundpreisvergleich.
  • Besondere Vorsicht bei Flüssigkeiten und Gelen: Bei Duschgel, Mundspülung oder Waschmittel sind Mengenreduzierungen durch minimale Anpassungen der Flaschenform optisch kaum wahrnehmbar. Hier ist der Grundpreis-Check unerlässlich.
  • Aktionsware genau prüfen: Hersteller nutzen Rabattaktionen häufig geschickt, um geschrumpfte Packungen unauffällig in den Markt einzuführen. Auch wenn ein Produkt im Angebot ist, bleibt der Grundpreis der entscheidende Faktor für die Bewertung.

Die strategische Bedeutung von Handelsmarken

Eine der effektivsten Gegenstrategien ist der Griff zu Eigenmarken der Supermärkte und Discounter. Diese sind oft nicht nur deutlich günstiger, da hohe Kosten für Marketing und aufwendige Verpackungen entfallen, sondern auch preisstabiler. Zahlreiche Tests von Verbrauchermagazinen belegen zudem, dass die Qualität von Handelsmarken in vielen Kategorien mit teuren Markenprodukten mithalten kann oder diese sogar übertrifft. Der Fall der Nivea Sonnencreme ist hier exemplarisch: Während die Marke ihre Füllmenge reduzierte und so den Grundpreis um 25 % erhöhte, wurden im selben Zeitraum die deutlich günstigeren Eigenmarken von Lidl (Cien) oder Müller (Lavozon) von Stiftung Warentest mit „sehr gut“ bewertet.

Werden Sie aktiv: Melden Sie Mogelpackungen!

Ihr Engagement ist entscheidend, um öffentlichen Druck aufzubauen. Wenn Sie eine Mogelpackung entdecken, melden Sie diese. Die Verbraucherzentralen, insbesondere die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH), sammeln diese Fälle systematisch. Mit ihrer Aktion „Mogelpackung des Monats“ machen sie auf die dreistesten Tricks aufmerksam und leiten bei Bedarf rechtliche Schritte ein, wie im Fall von Milka geschehen. Ihre Meldung, am besten mit Fotos von alter und neuer Packung, ist ein wichtiger Beitrag zum kollektiven Verbraucherschutz.

Letztendlich liegt die größte Macht beim informierten Verbraucher, der durch bewusste Kaufentscheidungen die Strategien der Konzerne ins Leere laufen lässt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau ist Shrinkflation?

Shrinkflation ist eine versteckte Preiserhöhung. Hersteller reduzieren die Füllmenge eines Produkts (z.B. von 100g auf 90g), während der Preis am Regal gleich bleibt oder sogar steigt. Der Preis pro Mengeneinheit (Grundpreis) erhöht sich dadurch.

Und was ist Skimpflation?

Bei der Skimpflation wird nicht die Menge, sondern die Qualität eines Produkts heimlich reduziert. Teure Zutaten werden durch billigere ersetzt, um Kosten zu sparen. Preis und Füllmenge bleiben dabei oft gleich.

Wie erkenne ich Shrinkflation am besten beim Einkaufen?

Der sicherste Weg ist der Vergleich des Grundpreises. Dieser ist auf dem Preisschild angegeben (z.B. Preis pro kg oder Liter) und steigt bei einer Füllmengenreduktion an. Seien Sie auch misstrauisch bei Hinweisen wie „Neue Rezeptur“ oder bei veränderten Verpackungsdesigns.

Ist Shrinkflation überhaupt legal?

In Deutschland ist Shrinkflation leider meist legal. Ein Gesetzesverstoß liegt nur dann vor, wenn die Füllmenge bei absolut identischer Verpackung und unverändertem Design reduziert wird. Hersteller umgehen dies durch minimale Designänderungen.

Welche Produkte sind besonders oft betroffen?

Früher waren es vor allem Süßwaren und Snacks. Im Jahr 2025 sind jedoch fast alle Produktgruppen betroffen, von Grundnahrungsmitteln wie Margarine und Brotaufstrichen bis hin zu einem neuen Schwerpunkt im Bereich Drogerie- und Haushaltsprodukte (z.B. Duschgel, Mundspülung, Pflegecremes).

Warum machen die Hersteller das? Was sind ihre Argumente?

Hersteller argumentieren fast immer mit gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik. Sie behaupten, die Füllmengenreduktion sei notwendig, um den Verkaufspreis stabil zu halten.

Stimmt diese Begründung denn?

Nein, oft nicht. Analysen zeigen, dass viele Konzerne im gleichen Zeitraum ihre Gewinnmargen massiv steigern konnten („Gierflation“). Die Kostensteigerungen dienen häufig nur als Vorwand für eine aggressive Gewinnmaximierung.

Was tut die Politik dagegen?

In Deutschland bisher zu wenig. Es gibt keine gesetzliche Pflicht, Füllmengenreduktionen klar zu kennzeichnen. Verbraucherschützer fordern dies seit langem. Länder wie Frankreich und Österreich haben bereits entsprechende Gesetze erlassen oder angekündigt.

Was kann ich als Verbraucher konkret tun?

1. Grundpreis prüfen: Vergleichen Sie immer den Preis pro Mengeneinheit.
2. Misstrauisch sein: Achten Sie auf Designänderungen und Werbeslogans wie „Neue Rezeptur“.
3. Handelsmarken bevorzugen: Eigenmarken sind oft preisstabiler und qualitativ gleichwertig.
4. Mogelpackungen melden: Informieren Sie die Verbraucherzentralen über Ihre Entdeckungen.

Warum ist der Grundpreis so wichtig?

Er ist die einzige objektive Vergleichsgröße. Der Endpreis kann täuschen, der Grundpreis hingegen entlarvt jede versteckte Preiserhöhung durch Mengenreduzierung sofort und unmissverständlich.

Sind Eigenmarken (Handelsmarken) wirklich eine bessere Alternative?

Ja, in vielen Fällen. Sie sind oft günstiger, qualitativ hochwertig (wie Tests von Stiftung Warentest zeigen) und seltener von aggressiver Shrinkflation betroffen, da die Händler hier selbst die Kontrolle über das Produkt haben.

Wird das mit der Shrinkflation so weitergehen?

Solange es keine strengeren gesetzlichen Regelungen in Deutschland gibt, ist davon auszugehen, dass die Hersteller diese profitable Strategie weiterverfolgen werden. Umso wichtiger ist das bewusste Einkaufsverhalten der Verbraucher.

Redaktionelles Fazit

Die Recherche für diesen Bericht zeichnet ein klares und beunruhigendes Bild: Shrinkflation hat sich im Jahr 2025 von einer Nischenstrategie zu einem zentralen Instrument der Gewinnmaximierung entwickelt. Die vorgebrachten Argumente gestiegener Kosten erweisen sich bei genauerer Betrachtung der Konzernbilanzen häufig als haltlose Schutzbehauptungen. Stattdessen erleben wir eine Welle der „Gierflation“, bei der die Inflation als Vorwand genutzt wird, um die Margen auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher auszubauen. Die Dreistigkeit, mit der versteckte Preiserhöhungen von 48 %, 76 % oder mehr durchgesetzt werden, hat eine neue Dimension erreicht.

Daher ergeht unser unmissverständlicher Appell an die deutsche Politik: Beenden Sie die Tatenlosigkeit und schaffen Sie endlich Transparenz! Das Zögern der Bundesregierung ist angesichts der funktionierenden Modelle in Nachbarländern wie Österreich und Frankreich nicht länger nachvollziehbar. Wir fordern die schnelle Umsetzung einer klaren und unmissverständlichen Kennzeichnungspflicht für Füllmengenreduzierungen direkt auf der Verpackungsvorderseite. Nur so kann dieser legalisierten Verbrauchertäuschung ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden.

Bis die Politik handelt, liegt die Verantwortung bei uns allen. Die wirksamsten Mittel zur Selbsthilfe sind ein geschärftes Bewusstsein und ein verändertes Einkaufsverhalten. Der konsequente Vergleich des Grundpreises, das kritische Hinterfragen von Werbeversprechen und der bewusste Griff zu preisstabilen Handelsmarken sind mehr als nur Spartipps – sie sind ein aktiver Akt des Widerstands gegen die stillen Preistreiber im Supermarktregal. Der informierte und wachsame Konsument bleibt die stärkste Kraft im Markt.

Verbraucher.Online Redaktion
In einer Welt voller Werbeversprechen zählen für uns nur harte Daten. Unsere Fachredaktion analysiert Märkte systematisch, führt eigene Studien durch und deckt Muster auf, die dem bloßen Auge verborgen bleiben. Ob Tarif-Dschungel oder neues Produkt: Wir liefern faktenbasierte Analysen statt gefühlter Wahrheiten – neutral finanziert und strikt getrennt von Herstellerinteressen.

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